Stress im Unternehmen – wie er Zusammenarbeit sabotiert und was wirklich hilft
Stress ist in Unternehmen kein Fremdwort. Er zeigt sich in vollen Terminkalendern, unerledigten Projekten, E-Mail-Fluten, ständiger Erreichbarkeit, Erwartungen von Kund:innen oder Führung, hoher Eigenverantwortung und der Doppelbelastung von Beruf und Privatleben. Während Teams und Führungskräfte versuchen, all das gleichzeitig zu bewältigen, bleibt oft unbemerkt, wie sehr Stress nicht nur die Leistungsfähigkeit, sondern auch die Zusammenarbeit und Unternehmenskultur belastet – und manchmal sogar gefährdet.
Der Psychologe Guy Bodenmann (2016) beschreibt, dass Stress unser Verhalten massiv verändert: Wir werden ungeduldiger, gereizter, egozentrischer oder distanzierter.
Genau das zeigt sich auch in Organisationen: Zuhören fällt schwerer, Kritik wird schneller als Angriff verstanden, kleine Reibereien eskalieren und Wertschätzung bleibt auf der Strecke.
Resilienz – Widerstandskraft für Unternehmen
Der Begriff Resilienz stammt aus der Materialforschung: Er beschreibt die Fähigkeit eines Materials, Belastung auszuhalten, ohne zu zerbrechen. Übertragen auf Organisationen: Wie widerstandsfähig ist Ihr Team gegenüber stetigen Anforderungen, Krisen oder Veränderungen?
Kritische Ereignisse können Stress verstärken – sei es eine Reorganisation, ein Führungswechsel, ein hoher Workload oder externe Faktoren wie Marktdruck. Oft ist es aber die Summe der kleinen Belastungen, die Teams an ihre Grenzen bringt. Ziel ist es nicht, Stress komplett zu vermeiden – sondern ihn gemeinsam zu bewältigen, ohne „unter Druck zu brechen“ (Thun-Hohenstein, Lampert & Altendorfer-Kling, 2020).
Typische Stressoren im Business
- Überlastung durch zu viele parallele Projekte
- Unklare Verantwortlichkeiten und Rollen
- Ständige Erreichbarkeit und fehlende Pausen
- Konflikte zwischen Abteilungen oder Hierarchieebenen
- Interne Glaubenssätze wie: „Ich muss perfekt sein.“ oder „Ich darf keine Schwäche zeigen.“
Was Unternehmen tun können
1. Stressoren erkennen
Fragen Sie im Team: „Was stresst uns gerade am meisten?“ – Oft ist es nicht der grosse Change-Prozess, sondern die kleinen Reibungen im Alltag, die Energien rauben.
2. Über Stress sprechen
Offene Kommunikation ist entscheidend. Führungskräfte sollten Räume schaffen, in denen Mitarbeitende ehrlich äussern können, was sie belastet – ohne Angst vor Stigmatisierung.
3. Inseln der Entlastung planen
Kurze Pausen, „Check-in“-Runden, spazierend Meetings durchführen oder feste Fokuszeiten können spürbar entlasten. Kleine Rituale haben grosse Wirkung.
4. Glaubenssätze reflektieren
Gerade leistungsorientierte Teams brauchen die Erlaubnis, nicht immer perfekt zu sein. Fragen Sie: „Was können wir loslassen, ohne an Qualität zu verlieren?“ Gibt es eine Verzichtsplanung?
5. Resilienz stärken
Trainings und Workshops helfen, gesunde Routinen zu entwickeln, Stresssignale früh zu erkennen und Ressourcen im Team bewusst zu nutzen.
Fazit
Stress lässt sich in Organisationen nicht vermeiden – aber er kann bewusst gestaltet werden. Entscheidend ist, ihn nicht als stillen Saboteur wirken zu lassen, sondern Strategien für einen gesunden Umgang zu entwickeln. Das stärkt nicht nur die Resilienz jedes Einzelnen, sondern auch die Stabilität und Innovationskraft der gesamten Organisation.
Literatur & Quellen
Bodenmann, G. (2016). Bevor der Stress uns scheidet: Resilienz in der Partnerschaft (2., unveränd. Aufl.). Hogrefe.
Thun-Hohenstein, L., Lampert, K., & Altendorfer-Kling, U. (2020). Resilienz – Geschichte, Modelle und Anwendung. Zeitschrift für Psychodrama und Soziometrie, 19(1), 71–90. https://doi.org/10.1007/s11620-020-00524-6
